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Channel: Kommentare zu: Bilderaffirmation und Bilderverbot
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Von: Hans-Gert Gräbe

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Hier ist aber nach meinem Verständnis der Unterschied zwischen einer Hegelschen und einer Marxschen dialektischen Logik (Hans-Christoph Rauh als – im Selbstverständnis – letzter Erbwalter einer DDR-Erkenntnistheorie mit auch international beachteten Namen wie Georg Klaus oder Dieter Wittich setzt letzteres allerdings mit einigen guten Gründen in Quotes) zu beachten. Das, was bei Hegel in der Tat “höhere Wahrheit” mit Blick auf die größere Nähe zur absoluten Idee heißen kann, wäre dort schlicht ein Differenzieren im Fortschreiten des Erkenntnisprozesses. Als Bild (ich beziehe mich auf die Schaubilder deiner Folien) ergäbe sich etwas vollkommen anderes als bei dir.

Auch hier gibt PI ein schönes konkretes Beispiel ab. Der Begriff PI als Kreiszahl ist sehr alt. Die alten Griechen versuchten, einen Zahlbegriff auf geometrische Konstruierbarkeit zu gründen und stellten folgerichtig die Frage nach der “Quadratur des Kreises”, also der (positiven) geometrischen Bestimmtheit von PI. Gelang ihnen leider nicht, schon mit der Quadratdiagonalen hatten sie ihre Schwierigkeiten, die sich zwar (offensichtlich) konstruieren, aber nicht auf “kommensurable” Verhältnisse zurückführen ließ. Heute sagen wir “Klar, sqrt(2) ist irrational”, aber es war ein langer Weg von “nicht kommensurabel” (dabei völlig offen, ob dies eine Teilfrage von “nicht PI” ist) bis zu einem positiven Begriff der Nicht-Kommensurabilität oder gar einer algebraischen Fassung desselben, der ja voraussetzte, den Zahlbegriff als Ganzes anders zu fassen. Erst jene positive Fassung des Begriffs einer Algebraischen Zahl im “nicht kommensurabel” erlaubte es Gauss, die Frage der Konstruierbarkeit einigermaßen erschöpfend zu beantworten. Damit war aber für die Frage der Quadratur des Kreises nichts gewonnen, denn niemand wusste, ob PI eine Algebraische Zahl ist. Man hegte den Verdacht PI ist eine “nicht Algebraische Zahl”? Dafür musste dann noch der positive Begriff der Transzendenten Zahl geprägt werden als Komplement der Algebraischen Zahlen in einem nochmals in Gänze zu erweiternden Zahlbegriff hin zu den Reellen Zahlen. Dummerweise ist in diesen letzteren mathematischen Gedankenkonstruktionen mehrfach ein Begriff des Unendlichen unter die Form des Objekts gefasst und damit die “absolute Idee” drin (als einer – aus Sicht marxistischer dialektischer Logik – problematischen Fassung von Aspekten der Unendlichkeit des Erkenntnisprozesses unter die Form des Objekts), was ein paar Leuten Anfang des 20. Jahrhunderts auch (aus verschiedenen Gründen) aufgefallen ist (Brouwers konstruktive Mathematik, Gödel, Tarski, Turing). Dass PI selbst so was wie die “absolute Idee” ist, fiel ein paar Komplexitätstheoretikern vor etwa 20 Jahren auf: In der Dezimaldarstellung der Zahl PI findet sich, wenn man nur weit genug geht, jede vorgegebene endliche Ziffernfolge und damit jede kodierbare Weisheit der Welt. PI enthält also alle Antworten auf alle Fragen der Welt, man muss nur wissen, an welcher Stelle man mit dem Lesen beginnen muss.

Mir ist nicht klar, welche Rolle in deinen Argumentationen zu “nicht A” und Nicht-A diese subtilen erkenntnistheoretischen Fragen spielen.


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